So verwandelst du Angst vor dem sekundären Ertrinken in Sicherheit

Sekundäres Ertrinken:
So wirst du zu der entspanntesten Mutter am Strand

Juni 2017.

Über Nacht wird eine Telefonzentrale für Gesundheitsfragen in der Schweiz von Eltern überrannt.

Sie haben Angst, dass ihre Kinder sich verschlucken.

Und Tage später sterben.

Was passierte im Sommer 2017?

Am 28. Mai überspülte eine Welle den vierjährigen Frankie Delgado im knietiefen Wasser.

Er verschluckte sich.

Eine Woche später starb er an einer seltenen Krankheit: dem Sekundären Ertrinken.

Berichteten Medien.

Und waren sich einig: Gelangt bei einem Kind Wasser in die Lunge, kann es bis zu sieben Tage später sterben.

Obwohl es ihm nach dem Verschlucken wieder gut ging.

Kennst du das?

Du hast Angst, dass dein Kind aus einem Becher trinkt, sich verschluckt, stark hustet und sogar Tage später "ertrinkt"?

Beim Babyschwimmen wurde oft darüber gesprochen?

Dein Kind hat trotz Schwimmflügel viel Wasser geschluckt?

Du würdest gerne klare Antworten über die Gefahr des Sekundären Ertrinkens bekommen?

Trotz der Recherche im Internet hast du Angst oder bist noch mehr verunsichert?

Internetrecherche kann wie ein Spaziergang durch das Labyrinth des Wahnsinns sein: Du betrittst es mit einer einfachen Frage und findest dich plötzlich in einer Welt voller absurder Theorien wieder.

Ich zeige dir
- den ersten Grund für das Durcheinander im WWW
- was Sekundäres Ertrinken wirklich ist und
- wie dir Forschung Klarheit schenkt, dich beruhigt und bei einem Ertrinkungsunfall handlungsfähig macht.

Legen wir los.

Du bist gerade in Eile?
Dann springe zu der ultimativen Schritt-für-Schritt-Anleitung:
Ich zeige dir in drei Minuten, was du bei welchen Symptomen tun solltest.

Willst du wissen, worauf sich Experten einigten und was selbst von Ärzten ignoriert wird?

Vorher: 33 Definitionen.

Nachher: 1 Definition.

Das ist das Ergebnis der Arbeit auf der ersten World Conference of Drowning 2002 in Amsterdam.

Ertrinken ist die Beeinträchtigung der Atmung durch Untertauchen/Eintauchen in Flüssigkeit. Das ist die offizielle Definition, die auf der World Conference of Drowning in Amsterdam von führenden Wissenschaftlern und großen Organisationen entwickelt wurde. Quelle: World Health Organization: Drowning. Online verfügbar unter https://www.who.int/health-topics/drowning#tab=tab_1, zuletzt geprüft am 28.12.2023 van Beeck, E. F.; Branche, C. M.; Szpilman, D.; Modell, J. H.; Bierens, J. J. L. M. (2005): A new definition of drowning. Towards documentation and prevention of a global public health problem. In: Bulletin of the World Health Organization 83 (11), S. 853–856

Ertrinken ist "Beeinträchtigung der Atmung durch Untertauchen/Eintauchen in Flüssigkeit".

Beinahe, sekundäres, stilles, trockenes Ertrinken verwirren nur.

Die Begriffe 
Beihnahe Ertrinken,
Trockenes Ertrinken,
Sekundäres Ertrinken und
Stilles Ertrinken sollen nicht mehr verwendet werden.

Mein Eindruck nach zwölf Wochen Vollzeitrecherche:
Für dich als Mutter oder Vater ist es so verwirrend genug, wenn Journalisten, Blogger und Influencer diese Begriffe verwenden.

Wenn dies sogar Ärzte oder Wissenschaftler tun, dann hilft nur eines: Sie darauf aufmerksam machen.
Wenn du diesen Artikel zu Ende liest, wirst du es selbstbewusst tun können.

Wissenschaftler fordern verzweifelt den Begriff Sekundäres Ertrinken nicht mehr zu verwenden. Besonders Ärzte und Journalisten verunsichern Eltern, obwohl der Begriff "Sekundäres Ertrinken" in der Forschung nie anerkannt wurde. Quelle: Hawkins, Seth; Sempsrott, Justin; Schmidt, Andrew (2017): News. ‘Drowning’ in a Sea of Misinformation. In: Emergency Medicine News 39, S. 1.

Der erste Grund für die Verwirrung im WWW ist also:
Die kreative Verwendung eines medizinisch nicht anerkannten Begriffs.

Bereit für mehr?

Drei Kinder, drei "Diagnosen Sekundäres Ertrinken" und zwei Wahrheiten

2015 verbreitete sich über Facebook ein herzzerreißendes Foto von Ezra. Seine Mutter warnte andere Eltern vor einem Albtraum: Ezra soll nach einem Badeunfall wohlauf gewesen sein und schwebte nur vier Stunden später in Lebensgefahr.

Die Geburt des viralen Futters, des sicheren Klickmagneten für jeden Journalisten, Blogger und Influencer.

Was die Einbildungserstatter bis heute auslassen oder nur im Nebensatz erwähnen, ist Ezras Zustand direkt nach dem Unfall.

Mamamia berichtet, dass er vielleicht etwas müde gewesen sein soll:

After he was pulled from the water, Ezra seemed quite normal. Talking and eating, maybe slightly tired.
https://www.mamamia.com.au/secondary-drowning/

Hat sehr stark gehustet, schreibt Praxisvita:

Der kleine Ezra hustete nach dem Vorfall zunächst eine Menge Wasser aus, doch ansonsten schien es ihm gutzugehen, er aß und sprach wie gewohnt.
https://www.praxisvita.de/sekundaeres-und-trockenes-ertrinken-die-anzeichen-11642.html

Das klingt nach mehr als einem üblichen Verschlucken beim Trinken.

Ezras Mutter soll betont haben, dass er nie bewusstlos war, dass er aß und redete.

Mit diesem stilistischen Trick malten Medien unermüdlich das Bild eines symptomfreien Kindes.

Wie ging es Ezra zwischen dem Unfall und der Einlieferung in die Notaufnahme?
Hier die häufigsten Informationen aus dem Internet:

2015 verbreiten sich ein Berichte über den dreijährigen Ezra. Er soll untergegangen sein und Stunden später das sekundäre Ertrinken entwickelt haben. Hier die im Internet an häufigsten genannten Informationen über den Verlauf.

Es sieht danach aus, dass Ezra Symptome hatte.

Wenn du weiter liest, wirst du sehen, dass Husten, Brustschmerzen und Müdigkeit Folgen von Wasser in der Lunge sein können.

Ich habe aber keine zuverlässigen Informationen über Ezra gefunden.

Deshalb ist dieser Fall lediglich ein Medienereignis.

Der nächste Fall ist auch ein großes Medienereignis, aber mit einer enormen Durchschlagskraft:

Medien berichten bis heute, dass Frankie Delgado am sekundären Ertrinken gestorben sein soll. Drei Notfallmediziner berichten dagegen, dass die Ursache eine rezivierende Myokarditis war. Quellen Schmidt, Andrew; Sempsrott, Justin; Hawkins, Seth (2018): Special Report. The Myth of Dry Drowning Remains at Large. In: Emergency Medicine News 40, S. Andrew Schmidt, Seth Hawkins; Quan, Linda (2019): Drowning is never dry. In: Expert Review of Respiratory Medicine 13 (4), S. 313–315.

Wie ging es Frankie Delgado in der Zeit bis zum Erbrechen und Durchfall?
Ich habe auch dazu keine zuverlässigen Informationen gefunden. 

Aber Andrew Schmidt, Justin Sempsrott, Seth Hawkins berichten über einen Autopsiebericht:
Frankie soll an einer rezidivierenden Myokarditis gestorben sein – einer wiederkehrenden Herzmuskelentzündung.

Leider nennen die Autoren keine Quelle für den Bericht.

Meine Internetrecherche brachte dazu keine besseren Informationen.

Deshalb ist auch dieser Fall lediglich ein Medienereignis.

Der dritte Fall, der sich viral verbreitet hat, ist einfach: Elianna ergibt sich, nachdem ihr ein Erwachsener Poolwasser in die Lunge geblasen hat. 

Die häufigsten Informationen im Internet über Elianna Grace. Sie soll das Sekundäre Ertrinken entwickelt haben.

Das Fieber ist eines der Symptome für eine Aspirationspneumonie – eine Lungenentzündung, die durch Fremdkörper oder Flüssigkeiten in der Lunge verursacht wird.

Was haben wie also von solchen Berichten?
Sie sind lediglich ungeprüfte Medienereignisse.

Kann dich Forschung zu der entspanntesten Mutter am Strand machen?

Jetzt brauche ich deine ungeteilte Aufmerksamkeit:

Acht Tage nach dem Unfall verstorben. Aber…

1980 untersuchte der australische Wissenschaftler John Pearn 94 Kinder, die 'beinahe ertrunken' sind.

Fünf von ihnen sollen das Sekundäre Ertrinken entwickelt haben.

Zwei sind verstorben.

Sein Ergebnis: Sekundäres Ertrinken soll bei 5% der beinahe ertrunkenen Kinder auftreten.

Der Zustand eines Sechsjährigen soll sich nach 40-45 Stunden verschlechtert haben. Der Junge ist nach 56 Stunden verstorben.

Der Zustand eines Zehnjährigen nach 36 Stunden. Er starb nach 8 Tagen.

Der Verlauf von zwei Kindern, die verstorben sind. Beide Kinder wurden bewusstlos im Wasser gefunden und mussten wiederbelebt werden. Die Angabe von Pearn, dass die Wahrscheinlichkeit für das Sekundäre Ertrinken bei 5% liegt, konnte in weiteren Studien nicht bestätigt werden. Quelle Pearn, J. H. (1980): Secondary drowning in children. In: British medical journal 281 (6248), S. 1103–1105.

Aber: Das Ergebnis dieser Studie wurde bis heute nicht bestätigt.

Und trotzdem berufen sich sogar Ärzte auf diese alte Quelle.

Wenn du weiter liest, wirst du wahrscheinlich besser informiert sein, als dein Kinderarzt.

Gibt es das Sekundäre Ertrinken?

1986 veröffentlichten zwei US-amerikanische Notfallmediziner eine Studie über 52 Ertrinkungsunfälle.

Beide Ärzte stellten fest, dass die Angst vor dem "Sekundären Ertrinken" sehr groß war.

So groß, dass damals scheinbar gesunde Ertrinkungsopfer aus Angst vor der Verschlechterung ins Krankenhaus geliefert werden sollten.

5%

Diese Zahl kursierte in den Studien: Die Wahrscheinlichkeit für eine Verschlechterung trotz Wohlbefindens nach der Rettung.

Wenn wir uns jedoch die Artikel und Fälle genauer anschauen, die diese Praxis unterstützen, stellen wir fest, dass es sich meist um Patienten handelt, die bereits frühe Anzeichen von Atembeschwerden zeigten, die sich später verschlechterten. Trotzdem wird von den meisten Autoren immer noch empfohlen, alle Personen, die ins Wasser eingetaucht sind, unabhängig von der Schwere ihrer Symptome oder Anzeichen von Atembeschwerden, ins Krankenhaus zu schicken.
Pratt, F. D.; Haynes, B. E. (1986): Incidence of "secondary drowning" after saltwater submersion. In: Annals of emergency medicine 15 (9), S. 1084–1087.

Mit anderen Worten: Alle Ertrinkungsopfer völlig ohne Beschwerden sollen ins Krankenhaus, obwohl es noch nie einen Fall einer Verschlechterung gab.

Die Notfallmediziner sagen, dass es kein Sekundäres Ertrinken gibt:
Die Opfer haben bereits früh Atembeschwerden.

Fanden die Forscher trotzdem Ertrinkungsopfer mit einer Verschlechterung des Zustands Stunden oder sogar Tage später?

Schauen wir uns nur die Schwimmer aus ihrer Studie an, die am Strand entlassen wurden.

Die Symptome der Schwimmer direkt nach der Rettung:
Schwäche/Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Husten und Übelkeit/Erbrechen waren die häufigsten Symptome.

Vergleich von Symptomen: 1. direkt nach dem Ertrinkungsunfall noch am Strand 2. in den ersten 48 Stunden dem Ertrinkungsunfall 3. zwischen 2 und 5 Tagen nach dem Unfall. Es wurde kein Fall eines Sekundären Ertrinkens gefunden. Alle am Stand entlassenen Ertrinkungsopfer hatten direkt nach dem Unfall Symptome. Quelle Pratt, F. D.; Haynes, B. E. (1986): Incidence of "secondary drowning" after saltwater submersion. In: Annals of emergency medicine 15 (9), S. 1084–1087.

Wie ging es diesen Opfern in den ersten zwei Tagen nach dem Unfall? Das zeigen die hellblauen Balken:

Symptome, die in den ersten 48 Stunden dem Ertrinkungsunfall aufgetreten sind. Vergleich zu den Symptomen, die direkt nach dem Unfall noch am Strand protokolliert wurden. Quelle Pratt, F. D.; Haynes, B. E. (1986): Incidence of "secondary drowning" after saltwater submersion. In: Annals of emergency medicine 15 (9), S. 1084–1087.

Die meisten Symptome sind also abgeklungen.

Mit Ausnahme der Brustschmerzen.

Und: Ein Schwimmer hatte ein neues Symptom - die Heiserkeit.

Wie ging es den Schwimmern in den nächsten Tagen? Das zeigen die weißen Balken an:

Vergleich von Symptomen: 1. direkt nach dem Ertrinkungsunfall noch am Strand 2. in den ersten 48 Stunden dem Ertrinkungsunfall 3. zwischen 2 und 5 Tagen nach dem Unfall. Es wurde kein Fall eines Sekundären Ertrinkens gefunden. Alle am Stand entlassenen Ertrinkungsopfer hatten direkt nach dem Unfall Symptome. Quelle Pratt, F. D.; Haynes, B. E. (1986): Incidence of "secondary drowning" after saltwater submersion. In: Annals of emergency medicine 15 (9), S. 1084–1087.

Mit Ausnahme von Schwäche/Müdigkeit und Heiserkeit sind alle Symptome abgeklungen.

Ergebnis:
Wir fanden in dieser begrenzten Serie keinen Fall, in dem ein Opfer, das nach Hause ging, später eine Krankenhausbehandlung benötigte.
Pratt, F. D.; Haynes, B. E. (1986): Incidence of "secondary drowning" after saltwater submersion. In: Annals of emergency medicine 15 (9), S. 1084–1087.

Die Symptome aus dieser Studie geben dir also diesen wichtigen Hinweis: Es gibt Stunden und Tage später Symptome. Aber du kannst sie direkt nach dem Unfall erkennen.

Wir werden sie gleich mit anderen Studien zusammenführen.

Doch vorher:

Wann Symptome auftreten können

Zehn Jahre später lieferten texanische Wissenschaftler ein beruhigendes Ergebnis:
Kinder, die ohne Symptome in der Notaufnahme ankommen, können später Symptome entwickeln.
Aber das innerhalb von maximal sieben Stunden!

Wir wissen nicht, welche Symptome diese Kinder direkt nach dem Unfall hatten.

Die Studie zeigt nur, was in der zweiten Phase passieren kann: In der Zeit zwischen der Ankunft in der Notaufnahme und der Entlassung oder Krankenhauseinweisung.

Ergebnis: Plötzliche Symptomentwicklung nach mehr als 7 Stunden haben die Wissenschaftler nicht gefunden.

Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Kind nach einem Ertrinkungsunfall Symptome entwickelt, wenn es bei der Ankunft in der Notaufnahme symptomfrei war? Nach wie viele Stunden können diese Kinder Symptome entwickeln? Nach wie viel Stunden sind die Symptome abgeklungen? Quelle Noonan, L.; Howrey, R.; Ginsburg, C. M. (1996): Freshwater submersion injuries in children. A retrospective review of seventy-five hospitalized patients. In: Pediatrics 98 (3 Pt 1), S. 368–371.

Eine Sache habe ich noch:
18 Stunden nach dem Eintauchen waren alle Patienten, die anfänglich asymptomatisch waren […] normal.
Noonan, L.; Howrey, R.; Ginsburg, C. M. (1996): Freshwater submersion injuries in children. A retrospective review of seventy-five hospitalized patients. In: Pediatrics 98 (3 Pt 1), S. 368–371.

Fühlst du schon, wie deine Angst immer kleiner wird?

Noch nicht? Warte, es wird noch besser:

"Sekundäres Ertrinken" vielleicht möglich, aber nicht aus heiterem Himmel

Können Notfallärzte mit einfachen Tests Kinder nach 4-6 Stunden sicher aus der Notaufnahme entlassen?

Auch diese Studie ist für die Angst vor dem Sekundären Ertrinken wichtig, weil die Forscher Kinder untersucht haben, die beim Ankommen in der Notaufnahme keine Symptome hatten.

Am Ende läuft alles auf eines hinaus:
Ertrinkungsopfer können bei der Ankunft in der Notaufnahme symptomfrei sein und später Symptome entwickeln.

Aber in dieser Studie innerhalb von sechs Stunden:

Verschlechterte sich der Zustand von Kindern, die bei der Ankunft in der Notaufnahme symptomfrei waren? Ja, aber innerhalb von sechs Stunden. 'Sekundäres Ertrinken' als eine Symptomentwicklung nach mehr als sechs Stunden oder mehreren Tagen bei Kindern, die nach dem Ertrinkungsunfall symptomfrei waren, konnte auch in dieser Studie nicht gefunden werden. Quelle Causey, Alan; Tilelli, John; Swanson, Mark (2000): Predicting discharge in uncomplicated near-drowning. In: The American journal of emergency medicine 18, S. 9–11.

Dein Kind hat Wasser geschluckt, hustet und wird später müde: Du hast zwei Möglichkeiten

1# Husten wie beim "normalen" Verschlucken beim Trinken, ansonsten symptomfrei

Berichte über das Sekundäre Ertrinken haben den Eindruck erweckt, dass symptomfreie Kinder Stunden oder Tage später Symptome entwickeln können.

In meiner zwölfwöchigen Recherche in den Datenbanken researchgate, PubMed und sciencedirect.com habe ich keinen solchen Fall gefunden.

Solltest du als Wissenschaftler, Arzt oder Interessierter von solch einem Fall gehört haben, so freue ich mich über deinen Kommentar.

Die Grafik zeigt dir, wann du völlig beruhigt sein kannst:

Gibt es eine Symptomentwicklung bei einem Kind, das nachdem Wasser in die Lunge gelangt ist, welches es 'normal' abgehustet hat? In den von mir gesichteten Studien wurde kein solcher Fall beschrieben. Die Berichte über das Sekundäre Ertrinken klingen jedoch nach dieser Möglichkeit und versetzen Eltern unnötig in Angst. Stand Januar 2024

2# Husten wie beim "normalen" Verschlucken beim Trinken und zunehmend Schwäche/Müdigkeit

Dein Kind hustet das Wasser "normal" ab, aber wird zunehmend müde?

Wann sind Schwäche/Müdigkeit Folge des ausgiebigen Spiels im Wasser oder eines langen Tages, wann Folge eines Ertrinkungsunfalls?

Das größte Verunsicherung resultiert aus dem Symptom Müdigkeit/Schwäche. Gibt es also ein Kind, das das Wasser 'normal' abhustet, in den nächsten Stunden immer müder und schwächer wird und nach sieben Stunden weitere Symptome entwickelt? Die Studien geben dazu keine Antworten. Stand Januar 2024

Ich habe in den Studien keinen solchen Fall gefunden.

Wenn dein Kind sich verschluckt hat, normal gehustet hat, immer müder wird und du beunruhigt bist, dann suche immer einen Arzt auf.

Was du tun solltest, wenn bei deinem Kind Wasser in die Lunge gelangt: Ultimative Schritt-für-Schritt-Anleitung

  1. 1
    Es gelangt Wasser in die Lunge deines Kindes.
  2. 2
    Dein Kind hustet wie nach dem Verschlucken beim Trinken.
  3. 3
    Es spielt anschließend völlig symptomfrei.
  4. 4
    Du kannst beruhigt sein.

Bis wann ist ein Husten eine normale Reaktion wie beim Trinken?

Die beste Empfehlung habe ich bei den drei bereits erwähnten Experten für Notfallmedizin gefunden:

Was sind minimale Symptome?
Ausgehend von einer Erfahrung, die fast jeder kennt, empfehlen wir, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, wenn die Symptome schlimmer erscheinen als die Erfahrung, dass ein Getränk beim Abendessen in die falsche Richtung läuft oder ein starker Husten, der nicht innerhalb von Minuten verschwindet.
Hawkins, Seth; Sempsrott, Justin; Schmidt, Andrew (2017): News. ‘Drowning’ in a Sea of Misinformation. In: Emergency Medicine News 39, S. 1.

2# Auffälliges Husten ->Suche einen Arzt auf

Deine Aufmerksamkeit ist gefragt, wenn dein Kind nach dem Untertauchen auffällig lange hustet.

Auch wenn es keine weiteren Symptome zeigt, auch wenn die Wahrscheinlichkeit für weitere Symptomentwicklung extrem niedrig zu sein scheint, würde ich als Mutter einen Arzt aufsuchen.

Diese Grafik wurde zwar für Forschung und Rettungskräfte entwickelt.
Sie kann aber für dich als Elternteil beruhigend wirken: Husten mit normalen Atemgeräuschen ohne weitere Symptome bedeutet Entwarnung.

Hier ein Ausschnitt aus der komplexen englischsprachigen Grafik:

Sekundäres Ertrinken gibt es nicht. Die Utstein-Systematik zeigt dir, was ein Arzt untersucht, wenn dein Kind Wasser geschluckt hat und hustet. Quelle Mott, Timothy F.; Latimer, Kelly M. (2016): Prevention and Treatment of Drowning. AAFP. Online verfügbar unter https://www.aafp.org/pubs/afp/issues/2016/0401/p576.html, zuletzt aktualisiert am 26.01.2024.

Die von mir gesichteten Studien geben leider keine genaueren Hinweise her.

Solltest du als Wissenschaftler oder Arzt eine andere studienbasierte Einschätzung haben, so schreibe es bitte in den Kommentar. Ich werde jeden Hinweis überprüfen.

Für Rettungsschwimmer, Notfallmediziner und Wissenschaftler

1. Eine gute Übersicht zwischen

  •  Rettungsszenarien vor Ort,
  • über Entscheidungshilfe für weitere Maßnahmen nach der Wiederbelebung,
  • bis zum Ausblick auf die Verweildauer in der Notaufnahme.

Schmidt, Andrew C.; Sempsrott, Justin R.; Hawkins, Seth C.; Arastu, Ali S.; Cushing, Tracy A.; Auerbach, Paul S. (2016): Wilderness Medical Society Practice Guidelines for the Prevention and Treatment of Drowning. In: Wilderness & environmental medicine 27 (2), S. 236–251.

Der Abschnitt über Prävention ist kurz abgehalten und unvollständig.

2. Ein sehr guter Entscheidungsbaum in der präklinischen Versorgung.

Szpilman, David; Bierens, Joost J.L.M.; Handley, Anthony J.; Orlowski, James P. (2012):
Drowning. In: New England Journal of Medicine 366 (22), S. 2102–2110.

3# Ab in die Notaufnahme: Symptome, die sofortige Maßnahmen und/oder Beobachtung/Behandlung in der Notaufnahme erfordern

Zeigt dein Kind nach dem Verschlucken weitere Symptome,
1. versorge es vor Ort. Das wichtigste ist die Beatmung.
2. Rufe den Rettungsdienst oder fahre selbst direkt in die Notaufnahme.

Im Internet kursieren viele Listen mit Symptomen.
Meistens ohne Quellenangaben.

Das sind Symptome, die ich in den Studien gefunden habe:

Liste von Symptomen aus drei Studien direkt nach der Rettung. Quellen Pearn, J. H. (1980): Secondary drowning in children. In: British medical journal 281 (6248), S. 1103–1105. Pratt, F. D.; Haynes, B. E. (1986): Incidence of "secondary drowning" after saltwater submersion. In: Annals of emergency medicine 15 (9), S. 1084–1087. Causey, Alan; Tilelli, John; Swanson, Mark (2000): Predicting discharge in uncomplicated near-drowning. In: The American journal of emergency medicine 18, S. 9–11.

Auch, wenn die Intensität des Hustens und der Müdigkeit/Schwäche aus den Studien nicht hervorgeht, bietet diese Liste ausreichende Anhaltspunkte.
 
Zeigt dein Kind zusätzlich zu dem auffällig langen Husten eines dieser Symptome am Unfallort, versorge es sofort und rufe den Notarzt.

Wie kann es weitergehen?
Diese Grafik zeigt den wahrscheinlichsten Verlauf, wenn dein Kind symptomfrei in der Notaufnahme ankommt:

Wahrscheinlicher Verlauf nach einem Ertrinkungsunfall für Kinder, die in der Notaufnahme symptomfrei ankommen.

Alle weiteren Abläufe gehören in die Hände von Rettungsschwimmern und Notärzten.

FAQ zum Sekundären Ertrinken auf der Grundlage von Studien

Was ist Sekundäres Ertrinken?
Sekundäres Ertrinken ist ein mediales Phänomen. Für Zeitungsartikel und Blogbeiträge ein sicheres Thema für Klicks und virale Verbreitung. Die Autoren kopieren, imitieren, verändern in der Regel ohne Quellenangaben Antworten auf die häufigsten Fragen der Eltern.
In der Forschung war der Begriff nie anerkannt. Auf der ersten World Conference of Drowning 2002 in Amsterdam wurde Ertrinken als „Beeinträchtigung der Atmung durch Untertauchen/Eintauchen in Flüssigkeit“ definiert.
Sekundäres Ertrinken, Beinahe-Ertrinken, Trockenes Ertrinken und Stilles Ertrinken sollten nicht mehr verwendet werden.

Wann können erste Anzeichen für "Sekundäres Ertrinken" auftreten?
Kinder, die bei der Ankunft in der Notaufnahme symptomfrei waren, haben spätestens nach sieben Stunden Symptome entwickelt. Wissenschaftler haben bis heute (Januar 2024) keinen Fall eines Kindes gefunden, das direkt nach dem Unfall symptomfrei war und später Symptome entwickelte.

Was tun, wenn dein Kind Wasser geschluckt hat?
Wenn dein Kind wie nach einem Verschlucken beim Trinken hustet, kannst du beruhigt sein.
Hustet dein Kind langanhaltend, erbricht und/oder zeigt weitere Symptome, fahre in die Notaufnahme. 

Zwei wirksamste Maßnahmen gegen das Ertrinken, die du nicht bereuen wirst

1# 100% Aufsicht

Wir stehen monatelang neben Rutschen und halten unsere Kinder fest: Sie könnten mit dem Kopf auf die Rutsche aufschlagen.


Wir erlauben ihnen nur mit einem Fahrradhelm Laufrad zu fahren.


Aber wir lassen sie unbeaufsichtigt am oder im Wasser spielen.

Häufigste Ursache eines Ertrinkungsunfalls war mit 56,2% mangelnde Aufsicht. 

Thüner, C.; Sefrin, P. (2006): Ertrinkungsunfälle im Kindesalter. In: Intensivmedizin und Notfallmedizin 43 (2), S. 111–122.


In einer Studie aus Großbritannien  waren sogar 86% der ertrunkenen Kinder unbeaufsichtigt.

Kemp, A.; Sibert, J. R. (1992): Drowning and near drowning in children in the United Kingdom. Lessons for prevention. In: BMJ (Clinical research ed.) 304 (6835), S. 1143–1146.


Die Aufsicht eines Erwachsenen bleibt die wirksamste Maßnahme gegen das Ertrinken.
Sie kann und darf durch keine weitere Maßnahmen ersetzt werden.


Aber es gibt eine Ergänzung:

2# Barrieren

Drei Studien, drei eindeutige Ergebnisse zu Barrieren wie Poolzäune oder Abdeckungen:


Im Kleinkindalter geht die größte Gefahr von privaten Gartenteichen (48,5%) aus.  

Thüner, C.; Sefrin, P. (2006): Ertrinkungsunfälle im Kindesalter. In: Intensivmedizin und Notfallmedizin 43 (2), S. 111–122.


Im zehnjährigen Untersuchungszeitraum ist weder in Cairns noch in den Mulgrave Shires ein Kind in einem umzäunten Pool ertrunken.

Milliner, N.; Pearn, J.; Guard, R. (1980): Will fenced pools save lives? A 10-year study from Mulgrave Shire, Queensland. In: The Medical journal of Australia 2 (9), S. 510–511.

In der Studie von Pearn ist die Todesrate durch Ertrinken in Schwimmbecken von 6,54 auf 1,85 pro 100.000 pro Jahr zurückgegangen.

Nachdem Sicherheitsvorschriften eingeführt wurden.
Pearn, John H.; Nixon, James W.; Franklin, Richard C.; Wallis, Belinda (2008): Safety legislation, public health policy and drowning prevention. In: International journal of injury control and safety promotion 15 (2), S. 122–123.

ABER: Barrieren dürfen nicht die Aufsicht ersetzen.

Zwei wirksamste Methoden, um das Ertrinken zu verhindern: 1. Aufsicht: Häufigste Ursache eines Ertrinkungsunfalls war in 56,2% mangelnde Aufsicht. Thüner, C.; Sefrin, P. (2006): Ertrinkungsunfälle im Kindesalter. In: Intensivmedizin und Notfallmedizin 43 (2), S. 111–122. 2. Barrieren (Poolzäune, Abdeckungen von Pools, Regentonnen usw.) Im Kleinkindesalter geht die größte Gefahr von privaten Gartenteichen (48,5%) aus. Thüner, C.; Sefrin, P. (2006): Ertrinkungsunfälle im Kindesalter. In: Intensivmedizin und Notfallmedizin 43 (2), S. 111–122

Wie du viel mehr als die entspannteste Mutter nur am Wasser wirst

Die Angst vor dem Sekundären Ertrinken hat dich hierher geführt.

Du weißt jetzt, wie du mit Husten und Müdigkeit/Schwäche umgehen solltest.

Kommen weitere Symptome hinzu, fährst du in die Notaufnahme.

Das wahrscheinlichste Ende: Nach maximal sieben Stunden bist du mit deinem Kind wieder zu Hause.

Und jetzt kannst du die entspannteste Mutter in jeder Situation werden.

So habe ich es geschafft:
1. Abschied von Medienberichten.

2. Researchgate bei wichtigen Fragen.

3. 99% der Abos bei Instagram und YouTube gekündigt.

4. Täglich meditieren.

Ergebnis:
1. Ich habe den Ozean von Fehlinformationen verlassen: In Bezug auf das Ertrinken und alle Lebensbereiche.

2. Ich informiere mich direkt an der Quelle.

3. Ich verschwende meine Lebenszeit nicht mit ablenkenden Posts.

4. Ich habe inzwischen eine emotionale Resilienz wie ein Bambus im Sturm: flexibel, aber dennoch standhaft. Das hat sich herumgesprochen. Jetzt zeige ich anderen Müttern, wie sie Angst, Sorgen und Verunsicherungen in Resilienz, Standhaftigkeit und Liebe verwandeln können.


Wusstest du, dass Kinder unter guten Bedingungen in nur drei Wochen im Jahr schwimmen lernen können UND sichere Schwimmer werden? 
Die besten Freitaucher der Welt haben mir gezeigt, wie das geht. Falls das für dich interessant ist, dann schaue dir die Aufzeichnung des online-Elternabends an:

An Journalisten, Blogger und Influencer

Wir stehen vor einer großen Herausforderung: Das Medienphänomen 'Sekundäres Ertrinken' versetzt bis heute Eltern völlig ohne Not in Angst.
 
Selbst manche Kinderärzte verwenden nicht nur diesen Begriff, sondern klären Eltern sogar über angebliche 'Symptome des Sekundären Ertrinkens' auf.

Bevor du einen Beitrag über das Sekundäre Ertrinken schreibst oder deinen Beitrag überarbeitest:
Ich bitte dich fair zu sein und

1. Entweder auf meinen Beitrag zu verweisen.

2. Oder aus diesem Beitrag zu zitieren und diese Quelle zu nennen:
Podubrin, Evelyn (2024): Sekundäres Ertrinken: So wirst du zu der entspanntesten Mutter am Strand. Hg. v. childrentrust. Online verfügbar unter https://freie-bewegungsentwicklung.de/sekundaeres-ertrinken/.

3. Oder selbst bei Researchgate oder PubMed u. ä. nach Studien zu recherchieren.

Die Forschung kann uns sehr helfen. Nur gemeinsam können wir Eltern durch eine vollständige wissenschaftliche Recherche unterstützen.

  • Tobias Barnick sagt:

    Super Ausarbeitung und Zusammenfassung ein sehr wichtigen Themas. Danke für dein Engagement für das Zeigen von neuen Sichtweisen.

  • Ida sagt:

    Endlich Klarheit! Habe mir gleich die Grafiken auf’s Handy gespeichert.

  • Leo sagt:

    Guten Morgen,
    Vielen Dank für die fundierte Recherche bezüglich des sekundären Ertrinkens.
    Ich würde das als Notärztin erstmal, vor dem Hintergrund meines „normalen Fachwissens“ so bestätigen.

    Generell:
    Wenn jemand
    1. nicht ansprechbar ist und
    2. nicht SICHER normal atmet ( zB „Atmung? Ja, aber ich weiß nicht..“ „Atmung? Ja, aber…“)
    dann ohne Pulssuchen oä
    DIREKT mit Herzdruckmassage und bei Kindern besonders wichtig, Beatmung beginnen!

    Das ist (neben dem kritischen Verschlucken von Festkörpern mit Atemnot und der meterweit spritzenden (arteriellen) Blutung) quasi das einzige, was wirklich so zeitkritisch ist, dass die paar Minuten, die der Rettungsdienst bis zum Eintreffen braucht, zu lang sein können.

    Bei Kindern, die einem als Eltern „komisch“ vorkommen, gerade nach einem Badeunfall, darf man die 112 rufen, dafür sind wir da!

    Und vorallem, was Du nennst bezüglich Aufsichtspflicht und mit den Gartenteichen, Mörteleimern etc, das kann ich auch aus notfallmedizinischer Sicht nur unterstreichen.
    Gerade im warmen, eben schwimm-temperierten, Wasser gab es in meinen bisherigen Rettungsbezirken immer wieder einzelne Ertrinkungsunfälle, bei denen die Zeit bis zur Auffindung einfach zu lange war und die deswegen leider fatal ausgingen.
    Viele Eltern wissen eben nicht, dass Kinder still ertrinken und dass dafür im Zweifel schon 5cm Wassertiefe (Gartenplanschbecken! Regeneimer! Gartenteiche! ) reichen können, da die Kinder ihren schweren Kopf daraus nicht mehr anheben können.

    Schon aus diesen beruflichen Erfahrungen gibt es bei uns am Wasser immer 1:1 Betreuung und das würde ich generell, ebenso wie Du, vehement empfehen.
    Tausend Dank für Deine Arbeit und weiterhin viel Erfolg!
    Beste Grüße, Leo (als Notärztin tätig seit bald 8 Jahren)

    • Vielen Dank für die Bestätigung und Ergänzung: Auch in den von mir gesichteten Studien empfehlen Wissenschaftler uns Eltern die Beherrschung der Herzdruckmassage.
      Ich danke dir und allen Notärzten für eure Arbeit!

  • Lidia sagt:

    Diese Anleitung sollte in allen Kindergärten, Schulen und ähnlichen Einrichtung ausgehängt werden. Jeder sollte in der Lage sein eine Herzdruckmassage + richtige Beatmung durchführen zu können. Das sollte schon in der Schule gelehrt werden und nicht erst vor dem Führerschein. Alle Eltern sollten sich diesen Artikel hinter die Ohren schreiben. Es gibt KEINEN Grund dies nicht zu kennen. Vielen Dank, liebe Evelyn, für diesen Artikel.

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